RaBE hat Geburtstag

10-jähriges Jubiläum von RaBE am 17. März 2024
„Aus der Energie-AG Wackernheim wird Bürgergenossenschaft“ - unter dieser Überschrift wurde am 17.3.2014 im Amtsblatt der VG Heidesheim über die Gründung der Rabenkopf BürgerEnergie (RaBE) - Genossenschaft berichtet.
Die Arbeitsgruppe Energie, in der sich Wackernheimer Bürger im Rahmen einer Dorfmoderation mit dem Thema Energiesparen und der Förderung und Umsetzung regenerativer Energiegewinnung und -nutzung in der Gemeinde Wackernheim bereits geraume Zeit beschäftigt hatten, war somit durch die Gründung der Genossenschaft zur Keimzelle für einen gemeinschaftlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb geworden.

Das 2014 formulierte Ziel der zehn Genossenschafts-Gründerinnen und -Gründer war, vor dem Hintergrund der großen Herausforderungen durch die Klimakrise den Energiebedarf von Wackernheim auf der Basis lokal erzeugter und preisgünstiger Energie selbst abzudecken. Für eine Vision ist typisch, dass das formulierte Ziel einer Vorstellung entspricht, die auch über dem realistisch Erreichbaren liegen darf. Visionen zeigen einen Idealzustand auf, aus dem sich die Motivation zum Handeln entwickelt und der die Leitlinie dafür darstellt. Die Vision bei der Gründung unserer Genossenschaft war, dass Wackernheim über die Einsparung von Energie und durch lokale Energieerzeugung aus regenerativen Quellen bis 2030 zum energie-autonomen Dorf wird.

Die Macht von Widerständen, Gewohnheiten und individueller Bequemlichkeit, die Höhe bürokratischer Hürden, die Auswirkungen von Fehlinformation, Informationsmangel und Unwissenheit haben wir in unserer Gründungsphase allerdings unterschätzt: Der genossenschaftlichen Aufbruchstimmung im Publikum bei unserer Gründungsveranstaltung folgte leider keine ebenso überwältigende individuelle Handlungsbereitschaft. Wackernheim ist inzwischen Stadtteil von Ingelheim und die Ziele zur Klimaneutralität der Stadt Ingelheim sind weniger ambitioniert als die unsrigen. Unsere Vorstellungen sind weiterhin hoch, auch wenn uns bewusst ist, dass wir in einem Wackernheim als eigenständiger Ortsgemeinde unsere 2014 formulierte Vision auch nicht hätten realisieren können.

Das 10-jährige Bestehen unserer Genossenschaft ist Anlass für einen nachdenklichen Rückblick und einen Blick in die Zukunft unter den derzeitigen Gegebenheiten.

Verklärung und die alleinige Fokussierung auf die erfolgreichen Projekte in unserer Genossenschaftsgeschichte würden die Realität unseres genossenschaftlichen Arbeitsalltags, in dem es auch Widrigkeiten und Durststrecken gab, nicht abbilden.

Aber gerade deswegen sind wir stolz auf das bisher Erreichte.

Wer die jährlichen Geschäftsberichte und die Entwicklung unserer Geschäftsfelder in den Bereichen E-Carsharing, Photovoltaik, Mieterstrom und unser öffentliches Engagement für unsere Ziele kennt, sieht die Fakten dazu, bekommt einen Einblick in das Ausmaß unserer ehrenamtlichen Arbeit und eine Vorstellung von unserer nach wie vor hohen Motivation.

Uns treiben keine Expansionsgedanken, wir möchten vielmehr eine gesunde Weiterentwicklung, die sich an unseren persönlichen, personellen und strukturellen sowie finanziellen Ressourcen orientieren soll und deren Stärke der soziale Gedanke ist. Wir möchten dezentrale bürgernahe Lösungen anbieten wie preiswerte saubere Mobilität auch für Menschen ohne eigenen Pkw durch E-Carsharing, günstigen sauberen Strom auch für Menschen ohne Eigenheim durch das Mieterstrom-Modell, regionale Wertschöpfung durch Projekte, an denen sich unsere Mitglieder beteiligen können ...

Aktuell leben wir in einer Gegenwart, in der wir alle mit großen Unsicherheiten und Verwerfungen konfrontiert sind. Zwar erkennen inzwischen immer mehr Menschen, welche Vorteile der Strombezug von der PV-Anlage auf dem Dach über dem Kopf bringt, dass der Ersatz der alten fossil betriebenen Heizung durch eine Wärmepumpe und die forcierte Entwicklung kalter Nahwärmenetze gute Lösungen sind. Aber für viele ist die aktuelle politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung vor dem Hintergrund der klimatischen und ökologischen Krise dennoch ängstigend, ein Anlass für Resignation und / oder Rückzug ins Private. Die Folge ist, dass Ehrenamt und gesellschaftspolitisches Engagement immer mehr schwinden und sich soziale Abschottung und Vereinsamung entwickeln. Umso wichtiger ist es deswegen zu erwähnen, dass für uns „Raben“ die letzten 10 Jahre aktiver genossenschaftlicher Arbeit mit der Erfahrung verknüpft war, was gegenseitiger Austausch und gemeinsames Handeln bewirken kann, wie sinnstiftend es ist, wie zufrieden es machen kann – auch wenn nicht alle Ziele erreicht werden. Wir sind davon überzeugt, dass dies auch zukünftig Bestand haben wird.

Die Krisen unserer Zeit werden nicht allein durch eine technische Energie- und Mobilitätswende (die priorisierten Bereiche in unserer Genossenschaft) und „grünes Wachstum“ zu lösen sein. Die größte gesellschaftspolitische Herausforderung wird sein, dass wir bei begrenzten Ressourcen, konfrontiert mit zunehmend zerstörter Natur und einem Schwinden unserer Lebensgrundlagen zu einem anderen Lebensstil, zu einem anderen Konsum- und Lebensverständnis und mehr Gemeinsamkeit finden müssen. Auch vor diesem Hintergrund sehen wir für unsere genossenschaftliche Arbeit weiterhin gute Gestaltungsspielräume. Die Bedeutung und die Auswirkungen von sozialem Austausch, gemeinsamem Planen und Umsetzen gemeinwohl-orientierter und klimaschonender Projekte, gegenseitiger Unterstützung und Zusammenhalt sind dabei ein wichtiger Bestandteil.

Die Genossenschaft lebt durch uns alle.

Im Rückblick danken wir allen, die die RaBE-Genossenschaft materiell, ideell und durch Wort und Tat unterstützt haben – dies wollen wir im Anschluss an die nächste Mitgliederversammlung im Frühsommer gemeinsam feiern.

Der Blick nach vorne beinhaltet natürlich unsere zukünftigen Projekte und ist besonders von dem Wunsch nach erweiterter aktiver Unterstützung und nach einer Verjüngung unseres Aktiven-Kreises begleitet. Denn am aktiven tragenden „Genossenschafts-Gefühl“ wollen wir gerne eine größere Anzahl unserer Mitglieder teilhaben lassen.

Gisela Bräuninger

im Namen von Vorstand und Aufsichtsrat

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